Wie wird man Radprofi? Ein Interview mit dem Team JLT Condor

In den letzten Jahren war das Team JLT Condor eines der erfolgreichsten Teams im britischen Radsport in Bezug auf die Entwicklung junger Fahrer. Darüber hinaus konnten sie mit ihrer Mischung aus jungen Talenten und älteren erfahrenen Fahrern prestigeträchtige Rennen gewinnen. Leider wird das Team am Ende der Saison den Rennbetrieb, nach mehr als einem Jahrzehnt, einstellen. Wir hatten die Gelegenheit, mit John Herety, dem Teammanager, über den Erfolg des Teams und die Entwicklung  der jungen Fahrer zu sprechen und ihm die entscheidende Frage zu stellen: Wie wird man Radprofi?

Team JLT-Condor bei der Ovo Energy Tour of Britain 2018. Foto: Kristof Ramon

 

p2m: Die Saison 2018 war bisher sehr erfolgreich für das Team, besonders die jungen Fahrer hatten beeindruckende Ergebnisse. Was war dein persönliches Highlight der Saison?

John: Wir haben einige tolle Siege geholt und die Tour de Normandie war herausragend. Matt Gibson ist seit 2016 auf dem Weg zurück, nachdem er mehrere Monate krankheitsbedingt nicht fahren konnte und gewinnt gleich mehrere UCI-Level-Rennen und eine Etappe der Tour de l’Avenir. Das war wirklich großartig zu sehen. Sein Engagement und das Engagement des gesamten Teams waren herausragend. Matt Gibson ist erst 20. Ich bin froh, dass das Team ihn wieder in die Erfolgsspur bringen konnte.

 

p2m: Der Fokus des Team JLT Condor liegt beider Entwicklung von jungen Fahrertalenten. Welche Schritte unternehmt ihr, um eure Ziele mit jungen Talenten zu erreichen?

John: Wir arbeiten mit HMT Hospitals zusammen, einem Privatkrankenhaus in England, das sich mit der Untersuchung von Ernährung und Fitness beschäftigt. Wir arbeiten auch mit Pro Noctis zusammen, die Workshops organisieren, um den Fahrern zu helfen, besser zu kommunizieren, mit Stress umzugehen und ihre Zeit zu managen. Unsere Rennsaison unterscheidet sich von vielen britischen Continental-Teams durch Reisen zu Rennen in Asien, Amerika und Europa. Das Interesse an Etappenrennen in Großbritannien wächst, aber unsere Fahrer müssen lernen, wie man sich die Freizeit bei einem Rennen einteilt, wie man mit Jetlag umgeht und wie man in einem anderen Land und während einer solchen Belastung richtig isst. Wir versuchen, die Erfahrungsschatz unserer junger Fahrer zu erweitern. Wenn wir also anschließend in Europa oder Großbritannien zum Beispiel die Tour de Yorkshire fahren, dann sind wir vorbereitet.

 

p2m: Welche Rolle spielt ein Powermeter bei der Leistungsentwicklung der jungen Fahrer?

John: Ohne power2max wären wir nicht in der Lage, die Fitness zu überwachen und zu prüfen, ob unsere jungen Fahrer für den Profi-Rennsport geeignet sind. Im letzten Jahr kehrte Matt Gibson nach einem nicht diagnostizierten Epstein Barr Virus zu uns zurück. Der Powermeter gab uns genaue Erkenntnisse darüber, wie stark die Belastungen seines Körper war. Die Messwerte sind sehr konsistent, was vor allem bei jüngeren Fahrern nur mit der Herzfrequenz schwierig zu überwachen wäre. Junge Fahrer haben außerdem nicht immer genug Erfahrung, um zu sagen, ob sie sich gut fühlen oder nicht.

 

p2m: Jeder spricht von marginalen Gewinnen, den marginal gains. Hältst du den Einsatz eines Powermeters für einen marginalen Gewinn oder ist es mehr?

John: Der Powermeter ist nicht nur ein marginal gain. Es macht nicht nur einen kleinen Unterschied, es macht einen großen Unterschied! Jeder Fahrer, der auf diesem Level Rennen fährt und trainiert, benötigt einen Powermeter. Ohne die Leistungsmessung wüssten wir sonst einfach nicht, was die Fahrer geleistet haben und wie viel Potential noch in ihnen steckt.

 

p2m: Was sind die wichtigsten Eigenschaften, die ein junges Talent haben muss, um eines Tages an einer Grand Tour teilnehmen zu können? Wie wird man Radprofi?

John: Die Fähigkeit, das Rennen zu lesen, Anweisungen zu befolgen und sich an Plan des Teams zu halten. Kommunikation mit ihren Teamkollegen in einem Rennen. Grundlegende Dinge, wie zum Beispiel sicherzustellen, dass sie genug Riegel, Gels und Wasser haben. Sie müssen in der Lage dazu sein, vor einem Rennen ihre Regensachen zum Begleitauto zu bringen, so dass sie auch bei schlechten Bedingungen, wenn alle anderen frieren, noch weiter Rennen fahren können. Es gibt rein physiologische Werte wie den  20 Minuten FTP-Test, ihre Sprintfähigkeit oder Watt-pro-Kilo. Aber ich denke, dass es auf das Gesamtpaket ankommt. Wenn junge Fahrer zwar die besten Leistungswerte haben, aber nicht in der Lage sich an die Vorgaben des Teams zu halten oder Fehler mit ihrer Ernährung während eines Rennens machen, dann werden sie das Rennen verlieren.

 

p2m: Danke für das Interview!